Anne-Sophie Mutter ist gerade von einer fünfwöchigen Europa-Tournee zurück in ihrer Heimat München. Die letzten Konzerte waren von großer Hitze geprägt. Als wir Anne-Sophie Mutter im Münchner Osten zu einem Spaziergang treffen, ist es auf einmal kühl. Es sieht nach Regen aus. Frau Mutter schreitet, davon unbeeindruckt, in zügigem Tempo los.
Kommen Sie viel zum Spazierengehen?
Eigentlich schon: Ich habe zwei Zwergdackel, die Bewegung brauchen. Die Runde hier am Denninger Anger dauert eine halbe Stunde. Manchmal gehen wir auch an die Isar oder in den Englischen Garten.
Im Mai haben Sie in einem Berliner Club zu DJ-Sounds gespielt. Wie kamen Sie darauf?
Eine Freundin hatte mich von dem Projekt überzeugt, bei dem Künstler aus aller Welt mitmachen. Das war eindrucksvoll: die körperliche Nähe, die Enge. Aber ganz geheuer war es mir trotzdem nicht.
Wie ist so ein Club-Publikum? Sonst sind Sie ja gebannt lauschende Klassik-Fans gewöhnt. Interessanterweise war es ganz still. Dabei wussten viele Gäste gar nicht, was da passierte. Angeblich haben einige zum ersten Mal eine Geige gesehen. Stellen Sie sich das vor! Aber alle sind geblieben.
Als Kind sind Sie einmal nach einem Konzert gefragt worden, was Sie sich wünschen. Ihre Antwort: immer eine gute Geige, ein ferngesteuertes Auto und eine Afrikareise.
Und zum 50. Geburtstag hat mir meine Tochter dann tatsächlich so ein Auto geschenkt (lacht).
Was war so wichtig daran?
Ich bin mit zwei älteren Brüdern aufgewachsen. Da fühlt man sich ständig benachteiligt. Bei einem Konzert bekam mein Bruder, der mich auf dem Klavier begleitete, ein Feuerwehrauto – und ich einen Bogen. Viel lieber hätte ich das Auto gehabt.
Begeistern Sie Erwachsenen-Fahrzeuge auch?
Ja! Mein erster eigener Wagen war, das muss ich zugeben, ein Porsche 911. Die Technik, das Tempo, der Klang der Motoren – das alles fasziniert mich. Aber mein Verstand sagt jetzt etwas anderes.
Was sagt denn der Verstand?
Dass ein Tesla dran ist. Da liegt die Zukunft.
Wie vertreiben Sie sich die Zeit auf den langen Fahrten von Konzert zu Konzert?
Wenn ich auf Tournee bin, werde ich gefahren. Nachts schaue ich mir Filme an. Tagsüber studiere ich Werke ein. Die Zeit kann man gut nutzen.
Vermissen Sie das eigene Fahren manchmal? Ich bin ständig unterwegs. Da bleibe ich auch gern mal daheim oder gehe zu Fuß, wenn ich freihabe.
Wer darf mit, wenn Sie Urlaub machen?
Reisen sind ja geprägt von den Menschen, die dabei sind. Mit meiner Familie sind sie mir am liebsten.
Hören Sie auf Reisen viel Musik?
Meine Kinder hören Musik, wenn wir gemeinsam im Auto unterwegs sind. Dann höre ich duldsam mit. Und erinnere mich an meine Jugend und meine Leidenschaft für die Rolling Stones.
Wenn Sie ganz frei wählen dürften: Wohin würden Sie jetzt fahren?
Heute bestimmt nirgendwo mehr hin. Heute entspanne ich. Aber sonst? Vermutlich nach Venedig
Steckbrief:
Anne-Sophie Mutter wurde 1963 im badischen Rheinfelden geboren. Mit fünf Jahren begann sie Geige zu spielen. Durch ihre Auftritte mit den Berliner Philharmonikern unter Herbert von Karajan wurde Mutter in den 80er-Jahren bekannt und bald eine der erfolgreichsten Musikerinnen weltweit. Sie hat zwei erwachsene Kinder und lebt in München. Ihr „Club Album“, ein in einem Berliner Nachtclub aufgenommenes Musik-Experiment, erschien am 28.8.