Ohne Scheu bastelt „Der Fall Barschel” um den historischen Politskandal einen fesselnden, epischen Psychothriller mit unheimlicher Sogwirkung. Ein TV-Thriller zur Reise in die Finsternis.
Soll man sich dieses 180-Minuten-Opus wirklich am Stück antun? Ja, mehr noch: Vielleicht sollte man „Der Fall Barschel” sogar zwei Mal ansehen. Denn wer nicht gerade als Fachmann einsteigt, muss erst die Fakten sortieren. Muss sich hineindenken in die fernen 80er, als Ministerpräsident Uwe Barschel zurücktrat und sich dann tötete. Oder getötet wurde? War Barschel verzweifelt über seinen tiefen Sturz, oder war er mit seinem Wissen über illegale Waffendeals eine Gefahr für Geheimdienste und Parteifreunde? Autor und Regisseur Kilian Riedhof walkt den historischen Stoff durch, verwebt Fakten mit Möglichkeiten, spinnt verschiedenste Theorien weiter.
Drogen und Arbeitswut
Riedhof hat dafür den engagierten Journalisten Burger erfunden. Der verbeißt sich in den Fall, geht jeder Spur nach. Seine Recherchen werden, in den Worten des Regisseurs, zur „Reise in die Finsternis” – in die der BRD ebenso wie in die von Burgers Psyche. Sein Arbeitspensum schafft er nur mit Drogen, beides entfremdet ihn von seiner Frau und von sich selbst.
Es bleibt: ein Unbehagen
Der Film fordert den Betrachter mit vielen Details, zieht ihn aber zugleich in Burgers Horrortrip hinein. Wer der Empfehlung folgt, ihn aufzeichnet und ein zweites Mal ansieht, kann nüchterner folgen, auch die fantastischen Schauspieler würdigen: Matthias Matschke als arrogant näselnder Machtmensch Barschel, Alexander Fehling als besessener Idealist Burger oder Antje Traue als mysteriöse Geliebte.
Eine Warnung: Gelöst werden die aufgeworfenen Rätsel nicht, auch wenn der Film eine Tendenz zeigt. Was er auslösen will, ist ein Unbehagen am Politikgeschäft, das der Regisseur so zusammenfasst: „Die Frage drängt sich auf: Wer regiert uns eigentlich?”
Der Fall Barschel ist ein Mutig-mitreißender Mix aus Politthriller und Dokudrama, der am Samstag um 20 Uhr 15 in der ARD gesendet wird.
Kleine Info über Antje Traue:
Antje Traue nahm den Umweg über Hollywood, um in Deutschland bekannt zu werden. Zack Snyder („300″) engagierte sie 2013 für seinen Superman-Kracher „Man of Steel” als sexy Schurkin. Seitdem öffnen sich auch hierzulande Türen für die Sächsin, die sich lange mit kleinen Rollen durchschlug. Für den Sat.1-Film „Mordkommission Berlin 1″ und die Serie „Weinberg” war sie für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Über ihre Rolle als geheimnisvolle Schönheit in „Der Fall Barschel” sagt sie: „Giselle erzeugt Spannung durch Verwirrung. Es war interessant, eine Frau zu spielen, die sich nicht greifen lässt.”
Auf dem Bild ist Antje Traue in der Mystery-Miniserie “Weinberg” aus dem Jahr 2015, nackt zu sehen.