Feuer mit Köpfchen – Entfesseltes Spiel vor der Kamera: Julianne Moore war gerade das fünfte Mal für den Oscar nominiert!
Zuhause nennen sie Julianne Moore wenig schmeichelhaft nur noch „Präsident Business”, nach dem kontrollsüchtigen Finstermann aus dem Animationsfilm “The Lego Movie”. Die 54-jährige Mutter zweier Teenager trägt den Spitznamen gelassen: “Einer muss doch regieren, darum mache ich für jeden Tag einen Plan, von sämtlichen Arztterminen der Familie bis zum Gassiführen unseres Hundes.” Kaum zu glauben, dass unter dieser ordnungsliebenden Oberfläche ein Gefühlsvulkan brodelt. Und der wartet nur darauf, ausbrechen zu dürfen.
Granate vor der Kamera Ihre erste Explosiv-Vorstellung gibt Julianne Moore in der Rolle einer drogensüchtigen Pornodarstellerin. Der Lohn für ihr schonungsloses Spiel in “Boogie Nights” ist 1998 ihre erste Oscar-Nominierung. Regisseur Paul Thomas Anderson engagiert sie ein Jahr später erneut. Sie soll die “Leitwölfin” seines Star-Ensembles im Drama “Magnolia” sein. Die Rechnung geht auf: Moores hemmungslose Selbstentblößung treibt auch Tom Cruise zu Höchstleistungen. Der Superstar “folgte ihr wie alle anderen”, erinnert sich der Regisseur. Moores Geheimnis: “Vor der Kamera habe ich keine Angst!” Egal, ob sie in “Magnolia” ihren sommersprossigen Körper preisgibt, als abgehalfterte Hollywood-Diva in “Maps to the Stars” am Abgrund balanciert oder sich in “Chloe” beim Liebesspiel einer Frau hingibt. Sie leidet, liebt, lacht, tobt und heult mit ergreifender Intensität. Dabei weiß sie, dass “der Zuschauer nicht automatisch weint, wenn die Schauspielerin schluchzt, manchmal erreicht man damit das genaue Gegenteil”. Weinen werde in dramatischen Stoffen völlig überschätzt, bemerkt sie.
Scherze im richtigen Leben “Privat bin ich ein Mensch, der gern lacht und scherzt”, beteuert die Tochter einer schottischen Sozialarbeiterin und eines US-Militär-Richters. Diese Leichtigkeit verschwinde aber, sobald die Kamera angeht. Trotzdem – oder gerade deshalb funkt es beim Dreh zu “Das Familiengeheimnis” 1997 zwischen ihr und Regisseur Bart Freundlich. Die beiden haben zwei Kinder: Sohn Caleb ist heute 17, Tochter Liv zwölf. Geheiratet wird erst 2003. “Unsere Beziehung ist ein inspirierender Machtkampf”, beschreibt Moore ihren Ehealltag mit dem neun Jahre jüngeren New Yorker. “Bart will eine starke Frau an seiner Seite!”
Sie kennt den Kampf “Man fühlt sich viel besser, wenn man sein Ziel nach Anstrengungen erreicht hat!”, weiß Julianne Moore. Im Kämpfen ist sie erprobt. Der Beruf des Vaters zwingt die Familie 23 Mal zum Umzug. Ob in Alaska, Paris oder Frankfurt – das sommersprossige Mädchen mit der dicken Brille und den roten Haaren muss immer wieder von vorn beginnen. “Mir blieb gar nichts anderes übrig, als mich rasch anzupassen”, “ich wollte doch dazugehören, auch wenn ich wegen meines Aussehens immer gehänselt wurde”, erzählt sie. Von ihren Jugenderlebnissen berichtet ihr Kinderbuch “Sommersprossenfeuerkopf”. Und obwohl Moore heute als Schönheit gilt und Model für Kosmetikkonzerne und Schmuckdesignern ist, hadert sie noch mit ihren Sommersprossen: “Früher gab es immer eine, die besser aussah als ich. Erst als ich Erfolg hatte, galt ich plötzlich als strahlende Schönheit.” Ein Oscar setzte dem Erfolg die Krone auf.
“Das verdammte Ding” Aktuell wagt sich Julianne Moore an eine romantische Komödie. Die Dreharbeiten zu “Maggie’s Plan” beginnen demnächst. Zuvor kann man ihr im Fantasy-Kracher “Seventh Son” zusehen, wie sie als böse Hexe alle Register zieht. Für den Oscar aber war Moore wegen ihres eindringlichen Spiels im Alzheimer-Drama “Still Alice” nominiert worden – zum fünften Mal. Und wie Kritiker und Fans hatte auch US-Fernsehlegende David Letterman gefordert: “Jetzt gebt ihr endlich das verdammte Ding!”
Die Vergessenen kommt am 11.3. auf Kabel eins um 22:05 Uhr.
Steckbrief:
Als Julie Anne Smith kommt das älteste von drei Kindern am 3. Dezember 1960 in Fayetteville /North Carolina zur Welt.
Nach TV-Rollen in US-Soaps und Auftritten in Kinohits wie “Short Cuts” (1993) oder “Vergessene Welt: Jurassic Park” (1997) feiert Moore 1998 mit “Boogie Nights” den künstlerischen Durchbruch. 2015 gilt sie schon vorab als Oscar-Favoritin und ist Ende des Jahres mit dem Blockbuster-Finale “Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 2” im Kino.
Die zweifache Mutter lebt mit ihrer Familie in New York.
Die Oscar Nominierungen:
Boogie Nights (1998) Ihre Leistung als drogensüchtige Pornodarstellerin Amber, die um das Sorgerecht für ihr Kind kämpft, bringt die erste Nominierung als “Beste Nebendarstellerin”.
Das Ende einer Affäre (2000) Als untreue Ehefrau und Geliebte neben Ralph Fiennes muss Moore den Preis als “Beste Hauptdarstellerin” Hilary Swank “Boys Don’t Cry” überlassen.
Dem Himmel so fern (2003) Ein Absturz bringt ihr die dritte Nominierung: von trügerischer 1950er-Jahre-Ehe-Idylle ins Chaos aus schwuler Affäre des Gatten und Rassismus.
The Hours (2003) Im selben Jahr tritt Moore als Nebendarstellerin an. Doch auch die Rolle der in Ehe und Familie Gefangenen, die in Liebe zu einer Frau entflammt, bringt die Trophäe nicht.
Auf dem Foto ist Julianne Moore, Oben Ohne in “Boogie Nights” zu sehen.